Woche 35: Vogelkurs, Technologie

Diese und nächste Woche sind wir auf einem Vogelkurs, organisiert von der lokalen Abteilung des Norwegischen Ornitologenverbands. Bisher hatten wir zwei Abende Kurs mit Vorträgen und einen Samstagmorgen im Feld, und es war sehr schön, etwas über die Natur in meiner Umgebung zu lernen, und Vogel-Nerds in ihrem natürlichen Habitat zu erleben.

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Seevögel und Greifvögel am See beobachten (Gjennestadvannet).

Nächste Woche ist die Schwester leider nicht mehr dabei, weil sie nach Deutschland zurück fliegt. Deshalb konnte ich heute beobachten, wie sie als normaler gebildeter Mensch mit eigentlich guten Computerkenntnissen mit einer typischen modernen Webseite umgeht. Oder wie mir ihr umgegangen wird, denn online einchecken auf der Webseite von Ryanair ist ja wohl eine extrem benutzerfeindliche Interaktion! Nachdem sie schon zur Bestellung des Tickets ein Konto anlegen musste, und sich an das Passwort heute nicht erinnern konnte, wurde das zu einem besonders schlimmen Spiessrutenlauf durch endlose Captchas, wo Fotos von Feuerhydrant in Vietnam identifiziert werden müssen, oder Straßenschilder angeklickt. Ist eigentlich jedes Schild, dass an einer Straße steht, ein Straßenschild, auch wenn darauf eine mir unbekannte Burgerkette ihr Restaurant bewirbt? Anschließend wird dann nach allen Regeln der Kunst versucht, den Kunden von seinem eigentlichen Vorhaben abzulenken, damit er vielleicht doch noch aus Versehen für ein drittes Gepäckstück bezahlt, obwohl er alle diese Angaben bei der Ticketbestellung schon gemacht hat. Immer mit den farbkodierten Formularen, wo der auffällige leuchtende Button derjenige ist, den man eben gerade nicht anwählen will.

Wir Softwareentwickler haben hier klar versagt. Die Profitgier und Jagd nach immer kleineren zusätzlichen Einnahmen aus Hoteldeals, Sitzplatzreservierungen und Upsells, die das Fliegen an sich schon unangenehm machen, spiegeln sich in diesen Webseiten in voller Wucht wieder, gepaart mit Tricks, die das Verhalten der Benutzer und ihre Frustration auszunutzen suchen, um sie dazu zu bringen, Fehler zu machen, die sich anschließend nur möglichst schwer korrigieren lassen. Als Entwickler muss man es vor seinem Gewissen verantworten, derart benutzerfeindliches Design zu implementieren, und ich fürchte, die wenigsten von uns machen sich darüber ernsthaft Gedanken, oder haben den Schneid, ihrem Projektleiter zu erklären, dass sie an so etwas nicht Teil haben wollen.

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