Die Uhr tickt…

Ende August habe ich meine Kündigung eingereicht. In drei Monaten fange ich einen neuen Job an, als technischer Gründer und CTO eines Indie-Studios zur Spieleentwicklungs. Ich bin aufgeregt, zum ersten Mal nicht für jemand anderes zu arbeiten, sondern Besitzer einer eigenen Firma zu sein. Auch wenn die Firma aus Gründen in Schweden gegründet wird, und ich, damit ich aus Norwegen arbeiten kann, meine eigene Zuliefer-Firma gegründet habe. Ich werde dringend einen Steuerberater und Hilfe bei der Buchhaltung brauchen, das ist alles komplizierter als einfache Lohnsteuer zu zahlen.

Auf der alten Arbeit brennt jetzt ein bisschen die Hütte, weil ich da als erster Entwickler schon sehr viel Wissen habe, das nirgendwo dokumentiert ist, und an andere übertragen werden muss. Und weil ich ersetzt werden muss, der Arbeitsmarkt aber wohl niemand wie mich hergibt? Ich fühle mich jedenfalls sehr geschmeichelt von dem ganzen Lob, das ich plötzlich für meine Beiträge bekomme. Ich werde den Job ein wenig vermissen, sie waren alle gut zu mir, und haben mir viel Freiheit gelassen, meine Abteilung so zu gestalten, wie ich sie haben wollte.

Für den neuen Job muss ich jetzt noch einen neuen PC anschaffen, mit moderner Grafikkarte, CPU, und viel Speicher. Die sind leider derzeit nicht so leicht zu bekommen, es gibt da Engpässe. Und natürlich muss alles richtig gemacht werden, damit wir die Mehrwertsteuer erstattet bekommen, und … sagte ich, dass ich BWL zwar studiert, aber nie verstanden habe?

Woche 49: Wir warten aufs Christkind

Jetzt ist es doch schon bald Weihnachten. Der erste Schnee ist letzte Woche gefallen, und inzwischen auch schon wieder zu Eis auf den Straßen geworden.

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Rufus war nur mäßig begeistert. Ich habe auch noch niemanden gefunden, der sich um ihn kümmert in der Woche, wo ich in Deutschland bin, muss mich mal überwinden und die Nachbarn fragen. Eigentlich wollte ich das dieses Wochenende tun.

Die Weihnachtsdeko von meiner Mama habe ich aufgehängt, dieses Jahr an einem Fenster, an dem ich täglich ein Dutzend Mal vorbei gehe, und mich daran erfreue.

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Was ich dieses Wochenende noch tun wollte: Backen. Die Bibliothek organisiert jedes Jahr eine “Back deine Stadt aus Lebkuchen” Aktion, zu der es gratis Lebkuchenteig gab. Den habe ich mir zwar abgeholt, aber jetzt steht er im Kühlschrank, Abgabetermin für die Bauwerke war schon Freitag früh, das habe ich total verschwitzt. Mal sehen, ein Wochenende kommt ja noch.

Überraschend hat die Firma dann doch noch ein Weihnachtsessen arrangiert, am Mittwoch, und ich habe mal wieder nichts anzuziehen. In meiner Größe finde ich einfach nirgendwo in diesem Land eine Hose, die bei meinen kurzen Beinen über die dicken Radfahrer-Waden passt. Ich war schon drauf und dran, im Internet zu bestellen, aber die Seite auf der ich da war, lieferte nicht nach Norwegen. Ich muss wohl in Deutschland mal schauen, ob es nicht da etwas gibt. Seufz. Manchmal möchte ich einfach nur ganz normal proportioniert sein, oder wenigstens das, was die Bekleidungsindustrie für normal hält. 5 Zentimeter längere Beine würden schon reichen.

Zur allgemeinen Unglücklichkeit kam dann heute noch dazu, dass mir ein Stück vom Backenzahn abgebrochen ist. Vor Zahnärzten fürchte ich mich ja sehr, die sind immer so vorwurfsvoll, wenn man drei Jahre nicht bei ihnen war, dass einem die Lust vergeht, noch einmal wieder zu kommen. Und sie finden immer etwas teures, das gemacht werden muss. Aber jetzt komme ich nicht drum herum, morgen muss da angerufen werden, und hoffentlich klappt das vor Weihnachten noch.

Das Krankenhaus hat sich immer noch nicht gemeldet, weder für eine Neuansetzung meines EKG, noch für die Gallenblasen-OP. In solchen Momenten vermisse ich Kalifornien dann doch.

 

Woche 47: Career-Ending Mistakes

Letzte Woche war Black Friday, was ich ja für den dümmsten der erfundenen Feiertage halte, noch mehr als Valentinstag. Überhaupt könnte man mal aufhören, von Feiertage zu sprechen, wenn man da arbeiten muss.

Weil die Norweger kein Thanksgiving haben, ist Black Friday auch nicht wie in den USA der erste Tag der Weihnachtsangebote, sondern nur eine weitere Ausrede, um eine Woche voller Sonderangebote zu annoncieren. Denn damit es sich lohnt, wird das ganze gleich auf die ganze Woche ausgedehnt.

Trotzdem ist der Freitag natürlich ein wichtiger Tag auch im E-Commerce, und der wichtigste Tag für unsere Kunden auf der Arbeit, die im Vorfeld ihre Emil-Kampagnen losgetreten haben, ihre Preise geändert, und einen Ansturm von Käufern erwarten. Das kann man an der Auslastung unserer Server sehen, weshalb wir im Vorfeld ordentlich aufräumen, damit das wie am Schnürchen läuft. Und bei einer solchen Aufräumaktion habe ich dieses Jahr fast meine Karriere beendet, und die Firma gleich mit: Ein Skript, das auf einem Server fünf Seiten von ehemaligen Kunden löschen sollte, meldete “386 Seiten gelöscht”, und mir ging der Arsch gehörig auf Grundeis. Die sofort entstehende Panik stellte sich allerdings schnell als unbegründet heraus: Erstens wir haben viel mehr als 386 Kunden, das waren also auf keinen Fall alle, zweitens war das Skript nach 5 Minuten fertig, und man hätte eh nichts mehr tun können, und dritten hätten wir immer noch Backups gehabt. Viertens hat das Skript außerdem genau das gemacht, was es sollte, nur halt auf allen unseren Servern gleichzeitig, statt nur auf dem einen, auf den ich gezielt hatte – wir hatten eine Menge ehemalige Webseiten, die mal weg mussten. Aber mein Herz hat sich trotzdem nicht mehr so schnell eingekriegt, oh weia. Das hätte ein echt schwarzer Tag werden können.

Woche 45: Respekt und Professionalismus

Diese Woche kommt mein Eintrag etwas später, denn ich wollte nicht im Ärger bloggen. Inzwischen haben sich die Wogen aber geglättet.

Das Thema der vergangenen Woche war “Professionalismus”, wie ich ihn von anderen erwarte und enttäuscht werde, besonders im beruflichen. Ich erlebe immer wieder, das meine Mitmenschen sich Dinge herausnehmen, ohne einen Gedanken darüber, wie sich das auf ihre Kollegen und Umwelt auswirkt, und das regt mich mehr auf, als es eigentlich sollte, da muss ich ruhiger werden. Aber trotzdem: Wenn man mit jemandem einen Zeitpunkt ausmacht, dann lässt man den nicht ohne eine Rückmeldung warten. Das gilt auch, und besonders, für Meetings, ob man nun der Chef ist oder nicht, spielt da auch keine Rolle. Da wir bei uns alle remote arbeiten, ist es oft nötig, dass ich wegen einer Frage mit jemandem Rücksprache halten muss, und wenn der mir dann “in 5 Minuten” sagt, dann fange ich nichts neues mehr an, sondern warte. Und wenn er nach einer Stunde immer noch nicht ansprechbar ist, dann ist das für mich eine Menge verschwendete Zeit.

Auch respektlos finde ich es, wenn mir jemand am Tag vor einem monatlichen Release sagt, ihm ist noch ein wichtiges Feature eingefallen, das unbedingt mit rein muss, und es ist auch schon halb fertig, ich müsse nur noch “ein paar Kleinigkeiten” beitragen. Erstens einmal habe ich meinen eigenen Kram, der nur noch 24 Stunden Zeit hat, zweitens sind das in der Regel eben keine Kleinigkeiten, und drittens habe ich also diese Woche zwei Abende bis spät Abends noch an diesem Kram gesessen, während die besagte Person nicht für Rückfragen zur Verfügung stand, weil er halt eine Familie hat, und Sport machen muss, etc.

Eigentlich hatte ich mir geschworen, keine solchen Panikaktionen mehr zu machen, und keine 14-Stunden Tage zu schieben, weil jemand nicht planen kann, aber was will man tun? Ein Bekannter hat das als den “Fluch der Kompetenz” bezeichnet: Es bleibt am Ende an mir hängen, weil alle glauben, dass ich das schon schaffe, und das ich Wunder vollbringen kann. Nicht, dass mir das nicht schmeichelt, aber rechtzeitig im Bett liegen ist mir lieber.

Andererseits meckere ich auch, wenn ich mal nicht gefragt werde: so zum Beispiel, wenn mir eine Pressemeldung oder Rundbrief an die Kunden in die Mailbox flattert, und die ist voller Schreibfehler. Ich schaue ja lieber über Euren Text einmal drüber, als dass ich dann unter so etwas leide. Aber viel schlimmer ist, dass das so einfache Fehler sind, die ganz sicher rot unterstrichen waren, weil das Wort “preperaton” halt in keinem Wörterbuch steht. Seufz.

Trotz der vielen Arbeit habe ich es geschafft, meinen Gartenabfall rechtzeitig an die Straße zu stellen, sechs große Säcke voll sind es geworden, und der Garten ist (fast) klar für den Winter. Einmal muss ich am Wochenende wohl noch durch, hoffentlich hört der Regen mal für ein paar Stunden auf.