Woche 46: Schmerz lass nach

Meine Gallensteine haben sich in der vergangenen Woche mal so richtig ausgetobt. Vier Anfälle in einer Woche ist Rekord, und letzte Nacht war der schlimmste Fall seit je.

Ein normaler Ablauf sieht so aus, dass ich irgendwas falsches gegessen habe, und Abends zum schlafen gehen merke, dass ich schmerzen im Bereich des oberen Bauchs habe. Dann nehme ich 50 mg Voltaren, mache mir eine Wärmflasche, und nach maximal zwei Stunden schlafe ich trotz Schmerzen ein,  wonach ich dann morgens zwar schmerzfrei bin, aber auch total übermüdet. An dieser Stelle bin ich dann dankbar für meinen Job, wo ich keine Krankmeldung brauche, um den Wcker abzustellen und durchzuschlafen, bis ich wieder brauchbar bin. Entsprechend wenig habe ich diese Woche auf der Arbeit geschafft.

Gestern war anders: Die Schmerzen waren viel stärker, das Voltaren ist zusammen mit meinem kompletten Mageninhalt nicht unten geblieben, und mein Nest aus Wärmflaschen brachte keine Linderung. Im Gegenteil, zu den Magenschmerzen gesellten sich auch noch Rückenschmerzen. Nachdem da drei Stunden ohne Änderung nicht besser wurde, habe ich in der Notaufnahme (Legevakten) angerufen, ob die nicht etwas für mich machen können. Der Arzt hat zurückgerufen, und gesagt, ich soll mal noch 2 Tabletten nehmen, und eine halbe Stunde warten, und wenn es davon nicht besser wird, kommen. Habe ich gemacht, und dann zur Ablenkung mein Buch* gelesen. Nach einer halben Stunde war es in der Tat besser, diesmal habe ich die Tabletten aber auch nicht wieder ausgekotzt. Das Buch war dann aber so spannend, und ich so aufgedreht von allem, dass ich es noch zu Ende gelesen habe, und nach insgesamt 5 Stunden habe ich dann prima geschlafen, bis kurz später der Wecker ging.

Eigentlich ist ja seit langem entschieden, dass die Gallenblase raus muss. Ich warte nur noch darauf, dass das Krankenhaus mir einen Termin nennt. Und wie alles im norwegischen Gesundheitswesen zieht sich das hin. Ich sage mal voraus, dass die mir evtl. noch dieses Jahr einen Brief schicken werden, in dem sie mich zu einem OP-Termin im Frühjahr einladen, der dann wegen “unvorhergesehener Umstände” wie Ostern und Sommerferien mehrfach verschoben wird, und ich dann in der zweiten Hälfte von 2019 unter das Messer komme.

Bis dahin werde ich es aushalten müssen, denn mein Arbeitsgeber hat keine Zusatzversicherung für seine Angestellten **, die es erlaubt, eine private Behandlung zu machen, oder in der Warteschlange nach vorne zu kommen. ***

An manchen Tagen wünsche ich mir mein amerikanisches Gesundheits-Paket zurück. Da hätte man mir statt Voltaren gleich Vicodin gegeben, aber bei Opiaten sind die Norweger halt extrem zimperlich.


* “To Say Nothing Of The Dog”

** Ja, auch im sozialistischen Wunderland Norwegen gibt es inzwischen ein Zwei-Klassen Gesundheitssystem.

*** Wir haben hier ein eigenes Wort für diese Wartezeit, “helsekø”, und das ist bei Arbeiterpartei und Linken ein Wahlkampfthema, dass die verkürzt werden muss. Die wählt nur leider niemand mehr.

 

Woche 45: Respekt und Professionalismus

Diese Woche kommt mein Eintrag etwas später, denn ich wollte nicht im Ärger bloggen. Inzwischen haben sich die Wogen aber geglättet.

Das Thema der vergangenen Woche war “Professionalismus”, wie ich ihn von anderen erwarte und enttäuscht werde, besonders im beruflichen. Ich erlebe immer wieder, das meine Mitmenschen sich Dinge herausnehmen, ohne einen Gedanken darüber, wie sich das auf ihre Kollegen und Umwelt auswirkt, und das regt mich mehr auf, als es eigentlich sollte, da muss ich ruhiger werden. Aber trotzdem: Wenn man mit jemandem einen Zeitpunkt ausmacht, dann lässt man den nicht ohne eine Rückmeldung warten. Das gilt auch, und besonders, für Meetings, ob man nun der Chef ist oder nicht, spielt da auch keine Rolle. Da wir bei uns alle remote arbeiten, ist es oft nötig, dass ich wegen einer Frage mit jemandem Rücksprache halten muss, und wenn der mir dann “in 5 Minuten” sagt, dann fange ich nichts neues mehr an, sondern warte. Und wenn er nach einer Stunde immer noch nicht ansprechbar ist, dann ist das für mich eine Menge verschwendete Zeit.

Auch respektlos finde ich es, wenn mir jemand am Tag vor einem monatlichen Release sagt, ihm ist noch ein wichtiges Feature eingefallen, das unbedingt mit rein muss, und es ist auch schon halb fertig, ich müsse nur noch “ein paar Kleinigkeiten” beitragen. Erstens einmal habe ich meinen eigenen Kram, der nur noch 24 Stunden Zeit hat, zweitens sind das in der Regel eben keine Kleinigkeiten, und drittens habe ich also diese Woche zwei Abende bis spät Abends noch an diesem Kram gesessen, während die besagte Person nicht für Rückfragen zur Verfügung stand, weil er halt eine Familie hat, und Sport machen muss, etc.

Eigentlich hatte ich mir geschworen, keine solchen Panikaktionen mehr zu machen, und keine 14-Stunden Tage zu schieben, weil jemand nicht planen kann, aber was will man tun? Ein Bekannter hat das als den “Fluch der Kompetenz” bezeichnet: Es bleibt am Ende an mir hängen, weil alle glauben, dass ich das schon schaffe, und das ich Wunder vollbringen kann. Nicht, dass mir das nicht schmeichelt, aber rechtzeitig im Bett liegen ist mir lieber.

Andererseits meckere ich auch, wenn ich mal nicht gefragt werde: so zum Beispiel, wenn mir eine Pressemeldung oder Rundbrief an die Kunden in die Mailbox flattert, und die ist voller Schreibfehler. Ich schaue ja lieber über Euren Text einmal drüber, als dass ich dann unter so etwas leide. Aber viel schlimmer ist, dass das so einfache Fehler sind, die ganz sicher rot unterstrichen waren, weil das Wort “preperaton” halt in keinem Wörterbuch steht. Seufz.

Trotz der vielen Arbeit habe ich es geschafft, meinen Gartenabfall rechtzeitig an die Straße zu stellen, sechs große Säcke voll sind es geworden, und der Garten ist (fast) klar für den Winter. Einmal muss ich am Wochenende wohl noch durch, hoffentlich hört der Regen mal für ein paar Stunden auf.

Woche 44: Pendeln

Das schönste an meinem Arbeitsplatz ist ja eigentlich, dass wir so viel von daheim arbeiten, und ich nicht jeden Tag in ein Büro pendeln muss. Diese Woche war anders, weil unser Chef für eine Familienfeier aus Amsterdam gekommen ist, und das mit drei Tagen im Büro verbunden hat, wo man mal persönliche Gespräche führen kann. Gelegentlich ist das ja hilfreich. Da er aber erst Mittwoch kam, konnte ich Montag und Dienstag wie üblich daheim bleiben, was auch gut war, denn das Wetter hat sich von seiner schlechtesten Seite präsentiert, es war kalt und verregnet. Geschneit hat es noch nicht, obwohl am Wochenende in Oslo schon Schnee gesichtet worden war.

Ich war wegen der Zeitumstellung, Schlafproblemen und dem anstrengenden Geburtstagswochenende auch hundemüde, und habe nur das notwendigste geschafft. Dienstag war ich so durch den Wind, dass ich meine Tabletten am Morgen doppelt genommen habe: Bin um 6 Uhr wach gewesen, ins Bad gegangen, und nach einem Schluck Wasser wieder ins Bett gefallen, und als ich um 9 Uhr das zweite Mal aus dem Bad kam, war in der Pillendose für den Tag plötzlich nichts mehr drin für den Abend. Vorsicht!

Mittwoch und Freitag waren im Büro, und Donnerstag haben wir ein Fotostudio in Oslo gemietet um Portraits von allen Mitarbeitern zu machen. Oslo ist ein ganzes Stück von hier aus, aber sogar der schwedische Mitarbeiter war da, und es wurde sehr nett, mit leckerem Abendessen bei Fjord, wo es Fisch gibt, in so kleinen französischen Portionen, in sechs Gängen mit viel Geschmack und leckerem Wein dazu. So schön war ich lange schon nicht mehr essen, dafür hat sich die Reise echt gelohnt.

Zu den Photos: Ich habe nicht damit gerechnet, dass ich bei Porträts drauf achten muss, welche Socken ich anziehe, aber es sind dann doch eine Menge andere Bilder gemacht worden, und wir haben alle gut über meine warmen Ringel-Wollsocken gelacht, die meine Mutter mir gestrickt hat. Ob die allerdings auf unsere Webseite kommen, weiß ich nicht. Ich hoffe mal schwer, wir benutzen einfach wieder die Porträts.

Halloween war am Donnerstag noch, ich war rechtzeitig zu Hause, um die mehr oder weniger verkleideten Kinder der Nachbarschaft zu beschenken. Ich teile ja jedes Jahr große Schokoriegel aus, das kenne ich so aus Kalifornien, dass man sich damit beliebt macht, aber anscheinend gibt es selbst dagegen jetzt einen Backlash? Wie man’s macht, macht man’s halt verkehrt. Letztes Jahr habe ich zu viele gehabt, besonders weil es so sehr geregnet hatte, und nach einem Blick auf unser Wetter am Anfang der Woche hatte ich vorsichtig geplant. Es war dann aber nicht verregnet, und offenbar sind eine Menge 5 bis 8-jährige zugezogen im letzten Jahr, so dass es am Ende dann doch nicht ganz gereicht hat. Vielleicht kaufe ich nächstes Jahr doch einfach noch eine Tüte mit Fun-Size Riegelndazu, wenn ich einen Laden finde, wo man die kriegt. Norwegische Süßigkeiten gibt es bei mir an der Tür jedenfalls nicht, die sind alle eklig, und wenn davon etwas übrig bleibt, müsste ich die ja dann essen. Brrr.