Diese Woche war ich viel im Garten, während der Mittagspausen und sonst, wenn es noch hell war. Ich habe die letzten Äpfel geerntet, und für den Winter im Schuppen gelagert. Das letzte Fallobst ist wieder zu einem leckeren Kuchen verarbeitet worden, und mein Wohnzimmer sieht fast wieder normal aus.
Nachdem mir die Kartons ausgingen, habe ich die Äpfel in Papiertüten gelagert, ist ein Experiment.
Außerdem werden bald Gartenabfälle abgeholt, da ist es an der Zeit, das ganze Totholz aus den Büschen und Bäumen zu schneiden, und mit dem Heckenschnitt vom Sommer in die großen Papiersäcke zu stecken. Das ist schön beruhigende Arbeit, die kann ich gerne mitten im Arbeitstag mal eine halbe Stunde lang machen.
Am Mittwoch war ich im Büro, denn ich kann ja nicht nur noch von daheim arbeiten. Mein Kollege H ist aus dem Urlaub zurück, so dass ich nicht alleine da war. Außerdem hat das Büro neue Nachbarn. Wir hatten vorher doppelt so viel Platz, wie wir selbst bei voller Anwesenheit nutzen könnten, und jetzt hat der Vermieter uns die Miete gesenkt, dafür dass in die Hälfte der Räume eine andere Firma einzieht. Die haben dabei leider unsere Küche gekriegt, und in unserem Teil soll eine neue gebaut werden, weshalb momentan alles Kraut und Rüben ist. Das Netzwerk auch, denn die neuen Mieter kriegen ihr Internet jetzt von uns. Aber mit ein paar Handgriffen hatte ich innerhalb einer Stunde wieder WLAN und Kaffee, auch wenn ich gewarnt wurde, auf keinen Fall Mikrowelle und Kaffeekocher gleichzeitig zu benutzen, falls die Sicherungen das evtl. nicht aushalten, denn die Frau mit dem Schlüssel zum Sicherungskasten sei noch eine Woche im Urlaub. Wir haben vorsichtig gekocht, und es ohne Stromausfall durch den Tag geschafft.
Freitag Abend war ich bei einem Vortrag über archäologische Aktivitäten der letzten Jahre in Tønsberg, das war ganz interessant, obwohl der Redner mehr eine Auflistung von Projekten gemacht hat, und mir eine Einordnung in ein größeres Bild gefehlt hat.
Ansonsten habe ich mich diese Woche mal wieder über Bewerbungsportale geärgert. Ich hatte mit dem Gedanken gespielt, mal meinen Marktwert zu prüfen, indem ich zu ein oder zwei Jobinterviews gehe, weil ich auch gerade etwas passendes auf dem Job-Radar gefunden hatte, aber alle Firmen hier stellen ihre Mitarbeiter über Personalfirmen ein, die erwarten, dass man seinen kompletten Lebenslauf noch einmal in ihre eigenen Formulare tippt, und das nervt total. Außerdem wird man dann anschließend ständig mit unpassenden Angeboten zugemüllt, weil die den Unterschied zwischen Java und Javascript nicht verstehen, und nicht einsehen, dass ich nur an dem einen Job interessiert war, auf den ich mich beworben habe. Aus so einer Datenbank kommt man nie wieder raus (obwohl hier ja GDPR und das Recht auf Vergessen ziehen sollten).
So richtig sicher bin ich mir auch nicht, ob ich überhaupt einen anderen Job will. Das ist sehr von der Stimmung abhängig. Einerseits glaube ich, dass ich mehr wert bin als ich bekomme, und mein Chef ist an Gesprächen über eine Gehaltsangleichung nicht interessiert. Andererseits ist der Job sehr bequem – ich arbeite 80% der Zeit von daheim, in einem Gebiet, wo ich mich auskenne und wohl fühle. Aber ich hätte auch gerne mehr Kollegen, mit denen ich mich austauschen könnte, von denen ich etwas lerne, und überhaupt fühlt es sich nach Stillstand an, was ich hier treibe. Und ob die Firma noch bis zu meiner Pensionierung existiert, oder ich mit über 50 plötzlich wieder auf Jobsuche bin, kann ich auch nur schwer beurteilen. Ich schwanke ständig zwischen Komfort und Sicherheitsbedürfnis, und je nach Laune ist es das eine oder andere was mir Sorgen macht. Montag werde ich mal versuchen, den Chef zur Rede zu stellen, was denn nun mit dem versprochenen neuen Kollegen ist. Über mein Gehalt zu reden ist mir unangenehm, aber “ich habe da ein Angebot von anderswo” ist auch immer fies.
Seit Weihnachten plane ich jetzt, etwas gegen meine Gallensteine zu unternehmen. Ich habe an manchen Tagen höllische Schmerzen nach dem Essen, die zu 24 Stunden totaler Untauglichkeit führen, das muss aufhören. Anfangs wusste ich nicht, woran es liegt, hatte aber dank Google halt schon eine gute Ahnung. Ich bin also zum Hausarzt, der sofort die selbe Ahnung hegte, und mich an einen Spezialisten überwiesen hat, um eine Ultraschall Untersuchung zu machen. Nachdem eine Weile ins Land geht, bekommt man dann hier in Norwegen einen Brief mit dem Termin, der in der Regel ein paar Wochen bis Monate in der Zukunft liegt, und irgendwann im April oder Mai hat der Ultraschall Experte mir Bilder von einem ganzen Rudel Gallensteine gezeigt, die nur darauf warten, sich mit dem nächsten fettigeren Essen in meinen Darm zu stürzen. Er hat mir dann zu einer OP geraten, bei der die Gallenblase entfernt wird, etwas anderes sei da nicht zu machen, und die Gallenblase ist auch eher unnötig, kann also weg. Die OP müsse aber von meinem Hausarzt beantragt werden.
Mit dem Ergebnis bin ich also wieder zum Hausarzt, der mir auch zu einer OP riet, und die dann auch beantragen wollte. Die erneute Überweisung, diesmal zum Krankenhaus das die OP durchführen soll, ist im Juni ausgestellt worden, und im Juli bekam ich einen Brief mit Einladung, das ich Ende August doch kommen sollte.
Im August sind in Norwegen natürlich Ferien, das hätte auch den Planern beim Krankenhaus klar sein sollen, deshalb bekam ich dann Mitte August einen Brief in dem stand das “unvorhersehbare Gründe” zu einer Verlegung meines Termins auf Mitte November geführt hätten. Das passierte dann im November noch ein zweites Mal, obwohl gar keine Ferien mehr warne, aber am 3. Oktober hat es geklappt.
Auch wenn man mir mehrfach zugesichert hatte, dass so eine OP eine einfache Angelegenheit ist, und ich höchstwahrscheinlich noch am selben Tag wieder entlassen würde, habe ich für eine Übernachtung gepackt, und mir riesigen Stress gemacht. Dann die Ernüchterung: Ich komme ins Krankenhaus, und ein freundlicher junger Arzt bittet mich in sein Zimmer für eine Konsultation. Das ich mit der Hoffnung zu ihm kam, heute eine OP zu haben, hat ihn verwundert. Es müsse doch erst eine Konsultation stattfinden, und überhaupt, da wäre noch ein Packen Formulare auszufüllen. Das wäre bei jeder OP so.
Ich erzählte dem staunenden Arzt dann, dass sich das mit meiner Erfahrung aus anderen norwegischen Krankenhäusern überhaupt nicht deckt. Bei meiner Hirntumor-OP bin ich direkt in die Chirurgie eingeladen worden, wo es sofort zur Sache ging, und überhaupt, mein Hausarzt hat ja mit mir schon über die Risiken gesprochen, und alles was auf diesem Formular auszufüllen wäre (Medikamente, Allergien, frühere OPs), steht ja in meiner Patientenakte drin. Ja, das wäre wohl richtig so, aber es ist halt Vorschrift, dass der Patient von einem Experten beraten wird, und in diesem Krankenhaus macht man keine OP ohne Formular.
Ich habe mir also noch einmal die Risiken angehört, bestätigt, dass ich die OP immer noch möchte, und das Formular ausgefüllt. Aber warum konnte man mir so ein Formular nicht vorab in der Post schicken? Und warum steht in diesen Briefen nur, wann und wo ich einen Termin habe, aber nicht, wozu der Termin ist?
Ich war dann doch etwas enttäuscht, dass ich immer noch nicht durch bin mit der Prozedur. Bei der Geschwindigkeit, die das Gesundheitswesen hier an den Tag legt, bekomme ich die Einladung zum echten OP-Termin vielleicht noch gerade vor Weihnachten, und mit Glück ist die Gallenblase dann nächstes Jahr irgendwann draußen.
Zu Hause wieder angekommen fand ich im Briefkasten Post vom Krankenhaus: Mein Termin für das EEG am Montag kann aus Gründen (ich schätze mal, Herbstferien) leider nicht eingehalten werden, und ist auf nächsten Monat verlegt…
So viel mal zu dem tollen Gesundheitswesen in Norwegen. Immerhin hat die Sache nichts gekostet, denn ich habe neulich das jährliche Limit von 2500 Kronen (ca. 150 Euro) für Eigenanteile für Arztbesuche und rezeptpflichtige Medizin überschritten, da ist der Rest des Jahres umsonst. Wäre schön, wenn da auch noch die OP mit rein fallen könnte, aber so lang ist das Jahr wohl nicht mehr.
#WMDEDGT ist eine Idee von Frau Brüllen zur Förderung der Kultur des Tagebuchbloggens.
Ich habe für meine Verhältnisse gut geschlafen, bin nur einmal in der Nacht aufgewacht.
Um 7:40 klingelt mein Wecker, ich bin aber schon 5 Minuten früher wach, und erinnere mich, dass ich heute zum ersten mal bei #WMDEDGT mitmachen will. Während ich noch drüber grüble, dass das als Akronym nicht wirklich leicht von der Zunge rollt, geht der Alarm, und ich ins Bad. Medizin nehmen, anziehen, Treppe runter zum Frühstück.
Mein Frühstück ist wie die meisten Tage eine Tasse Kaffee und eine Schüssel gekochter Haferbrei, mit Rosinen und Apfelmus aus eigenem Garten, von dem ich dieses Jahr literweise gekocht habe, so dass mir fast die Gläschen ausgegangen sind. Seit heute ist aber wieder eins frei. Während ich esse, lasse ich die erste Kanne Tee für den Tag ziehen*.
Auch schon während des Frühstücks kommt Besuch: Linus, der kleine Kater aus der Nachbarschaft, spaziert durch die Katzenklappe ins Wohnzimmer und bedient sich beim Futterspender von meinem Kater Rufus. Das habe ich mir selbst zuzuschreiben, weil ich mir erst nicht viel dabei gedacht habe, als er vor ein paar Monaten das erste Mal kam, und mit Rufus gepielt hat. Er ist ein ganz niedlicher, lässt sich von jedermann streicheln und auf den Arm nehmen, und jagt sogar rote Lichtpunkte. Noch ein richtiges Kätzchen ist der. Aber er frisst halt bei mir, und das soll er lieber daheim tun, sonst ist er irgendwann nur noch hier. Die Besitzer hatten sich schon gewundert, bis wir auf Facebook in der Inselgruppe zueinander Kontakt gefunden haben**. Also greife ich jetzt zur Sprühflasche und verscheuche ihn, und er kommt nur noch in der Nacht zum fressen, was ich am gestiegenen Verbrauch sehen kann. Er sitzt dann auf der Veranda und wartet drauf, dass sein Freund zum spielen kommt, oder dass ich verschwinde.
Nachbarkater Linus sitzt auf der Veranda vor der Katzenklappe.
Um viertel nach Acht bin ich fertig mit Frühstücken, und mit der ersten Tasse Tee im Homeoffice angekommen. Freitags arbeite ich von daheim, weil unser Büro in Drammen liegt, und die 3 Stunden Fahrerei mit den Öffentlichen reine Zeitvergeudung sind. Mein Internet ist hier besser, meine Kollegen sind in Oslo und Amsterdam, und der Kollege aus Drammen ist die meiste Zeit krank, aber diese Woche auch noch im Herbsturlaub.
Als erstes muss ich mal meinen eigenen PC abschalten, denn der ist über Nacht aus dem Standby aufgewacht. Das macht er gelegentlich, und ich habe noch nicht raus, ob es da ein Muster gibt, oder woran es liegen kann (außer natürlich an Windows). Dann aktiviere ich das Macbook für die Arbeit, denn ich halte privat und beruflich streng getrennt, wie sich das gehört, auch wenn das bedeutet, dass auf meinem Schreibtisch vor lauter Tastaturen, Mäusen und Laptops kein freier Platz ist. Entsprechend oft laufe ich jeden Tag ins Erdgeschoss, um mir neuen Tee oder etwas zu knabbern aus der Küche zu holen.
Nicht abgebildet: Der Firmenrechner, der den letzten noch verfügbaren Platz belegt.
Ich bin Software-Entwickler, und heute ist ein normaler Arbeitstag, das heißt, ich habe eine Liste mit Dingen, die entweder kaputt sind oder neu gebaut werden sollen. Was ich genau mache, ist nicht so leicht erklärt, meine Familie weiss auch nur, dass das “was mit Computern” ist, aber ich versuche es mal: Unsere Firma macht Webhosting, und zwar in der Regel für Leute mit Online-Shops, die auf einem in PHP geschriebene CMS*** wie WordPress basiert sind. Wir sind etwas teurer als die Konkurrenz, dafür sind unsere Server weniger dicht mit Kunden bepackt, und erheblich schneller. Unsere Profis kümmern sich darum, dass der Server 24 Stunden am Tag erreichbar ist, die Software immer auf dem letzten Stand, und im Fall, dass mal etwas schief geht, der Kunde davon hört. Ich bin einer von zwei Vollzeit-Entwicklern, der andere ist der Kollege im Urlaub, der aber auch aus historischen Gründen noch Systemadministration macht, weil er die Firma mit gegründet hat, und weiß, wie alles funktioniert. Mein Chef E. sitzt in Amsterdam, und sucht von dort aus nach potentiellen Kunden, verkauft denen unseren Service, und hilft ihnen beim Einzug. Auch das ist historisch so entstanden, genau wie die Webseite, die den Kunden dabei hilft, sich einen Webserver einzurichten, da ihre Site aufzuspielen, SSL-Zertifikate zu kaufen, oder eigene Domänen anzulegen. Die Software dafür, das “Control Panel”, basiert auf einem CMS namens Drupal, von dem ich bis vor zwei Jahre auch noch nie gehört hatte. Aber es ist in PHP geschrieben, und PHP kann ich super gut.
Mein Job diese Woche sollte sein, dass unsere Administratoren die Server, die in unseren Rechenzentren stehen, einem Kunden zuordnen können, der dann exklusiv darauf Zugang hat, und dessen Software sich den nicht mit anderen teilen muss. Dazu gab es schon eine existierende Lösung, die ist aber von meinem Vorgänger geschrieben worden (oder vom Chef) und ist Mist. Da man das nicht in einem Tag aus dem Ärmel schüttelt (wir werden noch sehen, warum), ist da eine langsame Migration von der existierenden Lösung zu meiner neuen geplant, an der ich seit Montag arbeite.
Gestern habe ich quasi mitten im Gedanken aufhören müssen, und wenn das passiert, mache ich mir zum Feierabend Notizen dazu, was noch alles fehlt. Die lese ich also als erstes, sowie alle meine Mail und den Firmenchat, um zu sehen ob es neue Fehlermeldungen von unserem Support gibt, die vielleicht dringender sind als das, woran ich gerade arbeite. Ist aber nicht, meine Mail heute hat nur ein paar irrelevante Jobangebote, die ich lösche, und eine Nachricht von meinem besten Schulfreund aus Deutschland, die ich mir für heute Abend aufhebe.
Los geht’s! Ehe ich zu etwas komme, lege ich ein neues Ticket an in unserem System, für ein mögliches Feature, das mir gestern noch eingefallen war, weil es das gestern nur in die Notizen geschafft hatte. Ein Testlauf****, den ich über Nacht gemacht habe, hat zwei Fehler in meiner bisherigen Arbeit gefunden, damit fange ich an.
20 Minuten später kommt die erste Ablenkung: Wir benutzen zur Entwicklung eine VM*****, in der die Datenbanken für das Control Panel installiert sind. Wenn sich die Struktur der Datenbank ändert, weil z.B. neue Tabellen für ein Feature gebraucht werden, muss die Entwickler-Maschine die selben Änderungen mitmachen, die auch unser Produktionssystem bekommt. So eine Änderung hat es vor einigen Wochen gegeben, und der andere Entwickler hat sie zwar in der Produktion eingespielt, aber ich nicht in unsere VM. Denn neben der Programmiererei ist es auch meine Aufgabe, diese VM bereit zu stellen für mich, den Chef, wenn er auch gerade mal Lust hat etwas zu “helfen”, denn er hat den Code ja ursprünglich gemacht, und für unseren Frontend-Entwickler T, der in Oslo sitzt und gelegentlich mal Veränderungen an der Optik der Seiten macht. So wie heute, zum Beispiel. Da er seit Monaten keine aktuelle Version der VM mehr bei sich installiert hat, macht er das heute, und es klappt nicht. Ich weiß, dass es nicht klappen kann, weil ja die Datenbank nicht aktualisiert wurde, vertröste ihn auf später, setze mir meinen “Management of Development Infrastructure” Hut auf, und repariere in Handarbeit die Datenbank. Die fertige VM ist eine Datei von etwas über 16 GB, die ich ihm und dem Chef schicken muss, ich kopiere die also auf einen unserer Server in Oslo, und sage ihnen, wo sie zu finden ist. Das dauert bei mir eine halbe Minute, weil ich zu Hause tolles Internet habe, bei meinem Chef zehnmal länger, weil er in einem “richtigen” Büro sitzt.
Beim Chef klappt alles sofort, weil der schon die letzten Änderungen von mir alle brav mitgemacht hat. Bei T geht nichts, weil sein Stand veraltet ist, und auf seinem neuen Macbook alles neu eingestellt werden muss. Wir machen also Ferndiagnose im Chat******. Das ist total ätzend, weil ich so Meldungen kriege wie “es geht nicht”, dann zurück frage, was denn genau die Symptome sind, und fünf Minuten warten muss, bis ich eine Antwort kriege, die ich mit “dann probier mal das hier” beantworte, und so dauert das also echt lange, aber am Ende haben wir es repariert gekriegt.
Zwischendurch versuche ich, meine eigene Arbeit voran zu bringen, aber Multitasking kann ich einfach nicht, wenn einer der Tasks meine volle Konzentration braucht, und in diesem Fall sind das beide. Auf einem halben Hirn kann ich weder Ferndiagnose machen noch programmieren. Ich glaube, das Problem ist, dass die Reparatur für T eine Sache ist, die er neben allem anderen macht, was er sonst so arbeitet – Kundensupport, Telefonate, Marketing, usw., und entsprechend wenig von seiner Zeit fällt für mich ab, weshalb ich so viel Wartezeit habe. Wenn wir in einem Büro zusammen sitzen würden, wäre wahrscheinlich auch ihm klar, wie unhöflich das ist.
Zwischendurch wird es irgendwann zwölf Uhr, da mache ich Mittagspause. Heute gab es bei mir Spaghetti, denn da ist noch so ein Stückchen Roquefort im Kühlschrank, der riecht schon seit einer Weile sehr stark und muss mal weg, kommt also in die Soße. Ist sehr lecker gewesen, und es ist sogar immer noch etwas übrig vom Käse. Zum Nachtisch gehe ich irgendwann in einer Wartepause in den Garten und pflücke mir eine Tüte voller Äpfel vom Baum.
Um halb zwei (!) sind wir fertig, und Thomas kann an seinem Problem arbeiten. Ich könnte jetzt auch endlich mit der (geplanten) Arbeit anfangen, aber erst einmal brauche ich neuen Tee, die erste Kanne habe ich nämlich während der Warterei leer gekriegt.
Als ich wieder im Flow bin, meldet sich T, dass er den Fehler repariert hätte, und muss wissen, wie er ihn in unsere Sourceverwaltung eincheckt. Wir benutzen ein Quellcode-Management namens git, das ist nicht einfach, gehört aber sozusagen zur Grundausstattung jedes Entwicklers. Ich kann das besser als die meisten, und statt es zu lernen, kann man mich ja fragen. Immerhin macht er dann nichts verkehrt, wenn er meinen Anweisungen folgt. Es kommt also zu einer neuen Fernbedienung durch den Chat, wo ich ihm sage, was er tun muss, damit seine Änderung erst einmal auf unserem Testsystem landet, wo der Chef und ich uns ansehen, dass es funktioniert.
Danach beschließen Chef und T, dass sie das gerne in der Produktion haben wollen. Mir stellen sich die Nackenhaare hoch, denn eigentlich haben wir einen festen Zyklus für Releases, und machen die nur alle drei Wochen, denn dafür muss das Control Panel einmal offline genommen werden, alle Benutzer fliegen in der Zeit raus, und wenn etwas schief geht, muss es SOFORT repariert werden, egal ob Feierabend oder Weihnachten ist.
Wir haben aber für ganz schlimme Probleme, die nicht auf das nächste Release warten können, einen Prozess, mit dem man auch zwischendurch mal einen Fehler in der Produktion beheben kann. Es passiert immer mal was. Aber für eine rein kosmetische Verschönerung ist der nicht gedacht, diese Änderung erfüllt nicht die Mindestanforderung für das Risiko und den Aufwand, die das mit sich bringt. Ich bin der einzige, der das kann, und mache das in so einem Fall wie hier nur ungern, habe aber auch gelernt, dass Meckern und auf Prinzipien pochen hier quasi nie hilft. Man kann nur hinterher “I told you so” sagen, und so wirklich befriedigend ist das nicht.
Eine halbe Stunde später habe ich den Bugfix über die notwendigen Hürden gebracht, und unser System ist wieder online. Es ist zwei Uhr Nachmittags, ich habe es irgendwann zwischendurch geschafft, meine Änderungen von gestern so rund zu kriegen, dass ich sie einchecken konnte, und mich um meine kaputten Tests zu kümmern, aber richtigen Fortschritt habe ich noch nicht gemacht. Dafür knurrt mein Magen, aber da war doch noch was von dem Käse?
Gestärkt mit einem Butterbrot fange ich kurz vor drei an, meine eigene Arbeit zu machen. Der Rest von Norwegen macht jetzt gleich Feierabend, aber ich habe mir gerade einen Fehler in den Code gebaut, für den ich Montag den Kontext nicht mehr haben werde, egal wie viele Notizen ich mir mache, deshalb bleibe ich noch etwas dran. Sonst grübelt auch mein Hirn daran noch das ganze Wochenende weiter.
Inzwischen meint auch der Kater, dass jetzt Zeit für seine Fütterung sei. Du bist eine Stunde zu früh da, Kater, aber meinetwegen. Nach Feierabend kriegt er von mir immer sein Weichfutter, das mag er besonders gerne.
Um viertle vor vier stecke ich immer noch fest, Spotify spielt gerade “working in the coal mine”, und das Universum sagt mir, dass ich halt doch aufhören sollte. Weil draussen die Sonne sehr schön scheint, mache ich erst einmal einen Spaziergang quer über die Insel zu unserem Lieblings-Badestrand.
“Nebba”, die beste Badestelle auf unserer Insel, mit Sprungbrett, Leiter und schwimmender Platform.
Hier war ich schon eine Weile nicht, es hat viel geregnet, und wir hatten meist einstellige Temperaturen. Aber das Wasser fühlt sich nicht so kalt an, wie ich erwartet habe, vielleicht nehme ich nächstes Mal doch noch einmal die Badehose mit? Sogar die Badeinsel ist noch nicht wieder eingeholt worden, die Saison also nicht offiziell zu Ende, obwohl Herbstferien sind.
Auf dem Weg habe ich mein Hörbuch gehört und nach Vögeln Ausschau gehalten, die ich inzwischen auch ohne Buch identifizieren kann: Skjære und Piplerke. Und dann bin ich noch an dem Birnenbaum vorbei gekommen, den niemand erntet. Ein bisschen neidisch bin ich ja, Birnen wären auch mal lecker, und obwohl ich gerade vor Äpfeln nicht mehr weiss, wohin mit dem Kram, würde ich da wohl gerne etwas von ab bekommen. Ich kenne die Leute dort aber natürlich nicht, da bleibt es wohl beim träumen.
Trotz Herbststürmen haben sich die Birnen an diesem Baum prima gehalten, aber jetzt müsste sie langsam mal jemand ernten.
Mein nicht enden wollender Test ist währenddessen fertig geworden, nach 20 Minuten. Das darf so natürlich nicht sein, aber immerhin hat er keine Fehler gefunden. Vielleicht kann ich dann jetzt um 17:30 Uhr doch endlich Feierabend machen.
Jetzt erst mal ein Schläfchen machen, ich bin gerade sehr relaxed, und erschöpft von einem Tag, wo ich fast nichts von dem geschafft habe, was ich geplant hatte, und für Abendessen ist es mir noch zu früh.
Eine Stunde später ist es dann doch Zeit, etwas zu essen, und ich habe noch von dem Broccoli-Linsen Curry übrig, das ich gestern gekocht habe. Das ist sehr lecker, und sollte auch noch für Morgen reichen.
Die ersten anderen #WMDEDGT Posts treffen schon ein, es ist Zeit, dass ich meine Notizen in einen Artikel verwandle, den ich jetzt noch posten und verlinken werde, und dann werde ich noch eine Weile wach bleiben, und entweder fernsehen oder ein Computerspiel spielen, wahrscheinlich mein eigenes. Um 9 mache ich mich fertig für’s Bett, morgen wird ein anstrengender Tag, an dem ich wieder einmal Kindern die schönen Seiten des Programmierens erklären will.
So ist das Leben als Software-Entwickler in einer kleinen Firma. Zum programmieren kommt man an manchen Tagen überhaupt nicht. Die ständigen Unterbrechungen rauben einem den ganzen Tag, und am Ende steht man mit vielleicht 10 Zeilen neu geschriebenem Code da.
* In Norwegen gibt es zwei Sorten schwarzen Tee, Earl Grey oder English Breakfast, beides in Beuteln und nicht lecker. Ich trinke aus Deutschland importierte Ostfriesentee-Mischung, die bei jedem Besuch kiloweise mitgebracht wird.
** Die Insel auf der ich wohne hat ca. 320 Haushalte, und die meisten davon sind in einer eigenen Facebook-Gruppe, wo man nach verlorenen Katzen, Fahrrädern oder Stofftieren fragen kann. Oder eben fragen, wem denn dieser Kater gehört, der da ständig zum Abendbrot kommt.
*** Ein CMS ist ein Content Management System. Das ist eine Datenbank voller Dinge wie Blogposts, Seiten, Produkte, Katalog-Kategorien, Preislisten, usw. je nach Zielanwendung, mit Software und Plugins, die daraus eine Webseite machen. WordPress ist eines der bekanntesten CMS, und mit ein paar Plugins kann man daraus z.B. im Netz einen Blumenladen machen, oder Autoteile verkaufen, oder, oder…
**** Wir machen bei uns TDD, das ist Test-Driven Development. Da programmiert man erst einen automatisierten Test für das geplante Feature, und wenn es fertig ist, soll der das melden. Wenn es kaputt ist, sagt der Test, was kaputt ist. Wenn ich sage “wir machen das”, dann meine ich eigentlich “ich mache das, alle anderen finden es doof”, aber daran arbeite ich noch.
***** Eine VM ist eine “Virtuelle Machine”, quasi ein Computer, der in Software emuliert wird, und sich verhält, als wenn man einen zweiten physikalischen Rechner hat. Das praktische daran ist, dass man diesen Rechner nur einmal installieren muss, und dann beliebig oft kopieren, so dass jeder Mitarbeiter mit dem gleichen System arbeiten kann.
****** Wir benutzen Rocket Chat, das ist so ziemlich das gleiche wie Slack, also ein Messaging-System im Browser.
Heute habe ich zum ersten Mal jemanden auf Facebook entfreunden müssen. Da ist jetzt keine lebenslange Freundschaft in die Brüche gegangen, oder so, das war eher ein entfernter Bekannter, den ich wohl so gut doch nicht kannte.
Hintergrund war ein Kommentar den ich zum aktuellen Geschehen in den USA geschrieben hatte, worauf der Betreffende meinte, sich über die Opfer von Vergewaltigungen lustig machen zu müssen – so etwas will ich nicht in meinen Kommentaren haben. Ich habe mein Konto bei Facebook hauptsächlich, um mit den Freunden aus aller Welt Kontakt zu halten, und nicht um solchen Mist zu lesen.
Mein Fehler war, hier jemanden in mein Leben zu lassen, den ich nicht gut genug einschätzen konnte, und nur oberflächlich kannte. Für solche Fälle, besonders wenn sie Kollegen oder Kontakte aus der Branche sind, habe ich eigentlich das LinkedIn Konto, wo politische Ergüsse sich zum Glück noch in Grenzen halten, und es niemand kümmert, dass ich ihn ignoriere.
Auf der Arbeit war die Woche von einiger Verwirrung geprägt, wie denn unser Geschäft eigentlich funktioniert. Unsere Software soll die Abläufe ja möglichst genau abbilden können, aber wenn der Chef keine Zeit hat, mir das zu erklären, kann ich auch kein neues Feature dafür schreiben. Seufz. Es haben immer noch alle in der Firma zu viele Aufgaben, und der Chef ganz besonders – vom Kundendienst über den Verkauf bis zur Software-Entwicklung hat der in allem die Finger drin, und für nichts richtig Zeit. Ich habe permanent zu viel auf dem Teller, und niemand, der es mir abnimmt, weil zu den Dingen die der Chef nicht schafft auch das Anstellen eines Junior-Entwicklers gehört. Das wird mir jetzt seit über einem Jahr versprochen, dass ich eine Entlastung kriegen soll.
Ich ersticke in Äpfeln, besonders nachdem am letzten Wochenende der Sturm noch einmal kräftig am Baum gerüttelt und auch die herunter geholt hat, an die ich mit dem Apfelpflücker nicht dran komme. Ich verarbeite also das Fallobst zu immer mehr Apfelmus, und dieses Wochenende wird ein Kuchen gebacken. Das Wohnzimmer steht derweil voll mit Kartons voller guter Äpfel, die bei Gelegenheit in den Schuppen gelagert werden sollen. Bald wird auch Gartenabfall abgeholt, bis dahin muss ich noch mal schauen, wie man so einen Baum beschneidet.
Jeden zweiten Samstagmorgen bin ich in der Bibliothek, und bringe Kindern das programmieren bei. Kodeklubben ist ein Angebot von Freiwilligen im Rahmen von Lær Kidsa Koding, wo eine ständig wechselnde Menge von Kids im Alter von 10 Jahren und aufwärts von uns Erwachsenen das Programmieren am Beispiel von einfachen aufeinander aufbauenden Aufgaben beigebracht wird. Das sind am Anfang zum Beispiel einfache Spiele in Scratch.
Ich bin jetzt seit ca. zwei Jahren dabei, und es macht immer noch Spaß, auch wenn es wirklich anstrengend sein kann. Ich habe damals in Kalifornien mit Freunden ein ähnliches Projekt namens Hack The Future selber gestartet, in Verbindung mit dem Tech Museum in San Jose und anderen Sponsoren, und bin froh, hier in Norwegen wieder in so etwas hinein rutschen zu können.
Was mir hier in Norwegen gefällt: Wir müssen nicht vor jedem Event nach Sponsoren jagen, und die Räumlichkeiten neu verhandeln. Die Bücherei freut sich, uns als Gast zu haben, weil sie dadurch für junge Nutzer attraktiver wird, und wir bekommen Fördergelder von Stiftungen oder aus staatlichen Töpfen, weil wir Jugendarbeit machen. Damit kann man dann auch mal ein paar Laptops zum ausleihen anschaffen. In Kalifornien hatten wir ein paar aus Spenden, und es war immer traurig, wenn wir ein Kind aus weniger wohlhabenden Umständen weg schicken mussten, weil es keinen eigenen Laptop hatte, und wir nicht genug Leihrechner. Wir haben auch mehr engagierte Eltern, die sich mit ihren Kindern gemeinsam hinsetzen, um vielleicht auch etwas zu lernen, oder darauf achten, dass das Kind nicht plötzlich abgelenkt wird und Minecraft spielt oder Youtube guckt. Bei Hack the Future hatten wir damit massive Probleme.
Dafür hatten wir glaube ich dort mehr Mentoren für die Kids. Hier in Tønsberg ist nicht so viel los in der IT-Branche, und es ist schwierig, Freiwillige zu finden, die regelmäßig zweimal im Monat erscheinen. Selbst wenn man eigentlich nicht viel dafür können muss. Der Kern unserer Truppe sind drei Leute, und an Tagen wie vor zwei Wochen, wo die Sommerferien vorbei waren und die Kinder sich nach neuen Hobbies umschauen oder einfach daheim gelangweilt haben, kann es schon einmal mehrere Dutzend Kinder geben, die alle bei Null anfangen, und die ersten Schritte erklärt kriegen müssen.
Ich war gerade in unserer tollen Bücherei, zu der ich mal einen eigenen Artikel schreiben muss. Dort lief ein Vortrag mit dem Titel “Die Rolle von Computerspielen in der modernen Familie”. Das ist ja ein Thema, das mich als ehemaligen Spiele-Entwickler, der zu dem Thema gelegentlich von Freunden mit Kindern gefragt sind, interessiert, und wo ich eine Meinung habe, also habe ich mir das angesehen. Der Sprecher war selber Vater eines achtjährigen Minecraft-Spielers, und ist wie ich in den 80ern mit Mario und Co aufgewachsen. Leider hat er sein Vortrag das Publikum verfehlt, das gefühlt zu über 90% aus Eltern bestand, deren Kinder ihrer Meinung nach zu viel Fortnite spielen.
Statt diese Eltern bei ihren Ängsten abzuholen, und streng gegen die Binsenweisheiten anzugehen, die in den Medien über limitierte Screenzeit, Spielesucht und Gewalt verbreitet werden, hat er zuerst eine Geschichte des Videospiels als Medium erzählt. Wer dabei nicht eingeschlafen ist, konnte noch ein paar Worte zu Mobbing hören, und der alten Kamelle, dass die Kinder die in der Schule gemobbt werden sich in Videospielen verwirklichen können. Und man soll froh sein, dass sie keine Drogen nehmen.
Der spannendste Teil wäre die Q&A Session am Schluß gewesen, wenn ich die Fragen nicht alle schon zu Beginn hätte vorhersagen können. Der Redner wohl nicht, denn dann hätte er einerseits seinen Vortrag anders gestaltet, und andererseits bessere Antworten gehabt. Es war alles dabei von “wie schädlich ist es für meinen Sohn, dass er mit acht Jahren schon Fortnite spielt, weil das doch erst ab zwölf ist?” über “Muß ich Angst haben, dass er mal so ein Schulmörder wird wie man die aus Amerika kennt?” bis zu meinem persønlichen Favoriten: “Wie schädlich ist denn eigentlich die Strahlung von all diesen elektronischen Geräten, vor denen die Kinder den ganzen Tag sitzen?”
Der Frau hätte ich gerne geantwortet, dass mir mal ein Mitbewohner einen Kristall geschenkt hat, der vor den Strahlen schützt, wenn man ihn auf den Monitor legte. Hat prima funktioniert, ich habe keine Strahlenschäden, selbst nachdem der Kristall irgendwann im Blumenbeet hinterm Haus liegen blieb.
Insgesamt war jedenfalls kein Erkenntnisgewinn festzustellen, weder bei mir noch anderswo. Schade.
Es wird Herbst. Draußen ist es jetzt die meisten Tage ungemütlich, und ich bin schon seit gefühlt mehr als einer Woche nicht schwimmen gegangen. Die Norweger kaufen Feuerholz wie verrückt, und stellen sich auf einen langen Winter ein, ich hoffe momentan, dass mich der Rest vom letzten Jahr noch durch diesen Winter trägt, aber sollte morgen mal nachzählen, wie viele Säcke die größere Schwester im Urlaub verheizt hat. Sie liebt ja meinen Kamin.
Der Apfelbaum wirft das Obst inzwischen schneller von sich, als ich es aufsammeln kann. Daran sind natürlich die Herbststürme schuld, aber auch die Tatsache, dass ich nicht rechtzeitig mit dem pflücken angefangen habe. Letzten Donnerstag habe ich mir endlich einen Obstpflücker gekauft, nachdem ich auf dem Weg zum Vogelkurs die Filiale von JULA entdeckt habe. Mit dem komme ich allerdings auch nur an die Hälfte der Äpfel, weil der Baum viel zu hoch gewachsen ist. Das mit dem Beschneiden ist eben auch nicht so meine Sache.
In meinem Wohnzimmer vor dem Fernseher passiert momentan industrielles Apfelschnitzen, um zumindest den Kartons und IKEA-Tüten voller Fallobst Herr zu werden, damit ich Platz für das gepflückte kriege. Der neu angelegte Komposthaufen kann derweil die faulenden Äpfel kaum aufnehmen, so dass ich Schalen und Kernhäuser jetzt wieder in den Biomüll werfe. Es tut mir ja doch ein wenig Leid um die ganze gute Biomasse, die da aus dem Garten verschwindet.
Ich kann nicht so viel Apfelkuchen essen, wie ich machen könnte, und das Apfelmus füllt inzwischen jeden freien Raum in den Küchenschränken. Morgen beginne ich wohl mal damit, die fertigen Gläser auf den Speicher zu lagern, da sollte noch Platz sein.
Ansonsten ist es sehr ruhig. Das Krankenhaus hat mir wieder einmal geschrieben, sie haben meinen EEG-Termin jetzt auch wegen “unvorhergesehener Ereignisse” in den Oktober geschoben, ein paar Tage nach meiner OP. Beide Termine sollten eigentlich im August sein, sind aber jetzt jeweils zweimal um vier Wochen verschoben worden. Das müssen diese Engpässe im Gesundheitswesen sein, von denen man immer hört, Ärztemangel und so.
Diese und nächste Woche sind wir auf einem Vogelkurs, organisiert von der lokalen Abteilung des Norwegischen Ornitologenverbands. Bisher hatten wir zwei Abende Kurs mit Vorträgen und einen Samstagmorgen im Feld, und es war sehr schön, etwas über die Natur in meiner Umgebung zu lernen, und Vogel-Nerds in ihrem natürlichen Habitat zu erleben.
Seevögel und Greifvögel am See beobachten (Gjennestadvannet).
Nächste Woche ist die Schwester leider nicht mehr dabei, weil sie nach Deutschland zurück fliegt. Deshalb konnte ich heute beobachten, wie sie als normaler gebildeter Mensch mit eigentlich guten Computerkenntnissen mit einer typischen modernen Webseite umgeht. Oder wie mir ihr umgegangen wird, denn online einchecken auf der Webseite von Ryanair ist ja wohl eine extrem benutzerfeindliche Interaktion! Nachdem sie schon zur Bestellung des Tickets ein Konto anlegen musste, und sich an das Passwort heute nicht erinnern konnte, wurde das zu einem besonders schlimmen Spiessrutenlauf durch endlose Captchas, wo Fotos von Feuerhydrant in Vietnam identifiziert werden müssen, oder Straßenschilder angeklickt. Ist eigentlich jedes Schild, dass an einer Straße steht, ein Straßenschild, auch wenn darauf eine mir unbekannte Burgerkette ihr Restaurant bewirbt? Anschließend wird dann nach allen Regeln der Kunst versucht, den Kunden von seinem eigentlichen Vorhaben abzulenken, damit er vielleicht doch noch aus Versehen für ein drittes Gepäckstück bezahlt, obwohl er alle diese Angaben bei der Ticketbestellung schon gemacht hat. Immer mit den farbkodierten Formularen, wo der auffällige leuchtende Button derjenige ist, den man eben gerade nicht anwählen will.
Wir Softwareentwickler haben hier klar versagt. Die Profitgier und Jagd nach immer kleineren zusätzlichen Einnahmen aus Hoteldeals, Sitzplatzreservierungen und Upsells, die das Fliegen an sich schon unangenehm machen, spiegeln sich in diesen Webseiten in voller Wucht wieder, gepaart mit Tricks, die das Verhalten der Benutzer und ihre Frustration auszunutzen suchen, um sie dazu zu bringen, Fehler zu machen, die sich anschließend nur möglichst schwer korrigieren lassen. Als Entwickler muss man es vor seinem Gewissen verantworten, derart benutzerfeindliches Design zu implementieren, und ich fürchte, die wenigsten von uns machen sich darüber ernsthaft Gedanken, oder haben den Schneid, ihrem Projektleiter zu erklären, dass sie an so etwas nicht Teil haben wollen.
Anfang der Woche habe ich mich mit der ehemals besten Freundin und Lieblingskollegin aus meiner Zeit in Oslo getroffen. Sie lebt jetzt mit ihrem Mann in den USA, und wir haben uns zehn Jahre nicht gesehen, also seit bevor ich selber nach Kalifornien gezogen bin.
Zehn Jahre sind eine Menge Zeit, und trotzdem haben wir uns nicht viel zu erzählen gehabt, so unterschiedlich sind unsere Leben. Sie ist inzwischen Mutter von zwei Kindern geworden, die beide dabei waren. Ich arbeite nicht mehr in der Spieleindustrie, bin viel krank gewesen. Es lief also irgendwie auf Unterschiede zwischen USA und Norwegen hinaus, vor allem im Gesundheitswesen, wo ich ja beide Systeme hautnah als Patient erlebt habe.
Dafür, dass wir früher mal so dicke Freunde waren, war es etwas enttäuschend, wie wenig wir noch gemeinsam hatten.
A propos Gesundheitswesen: Das Krankenhaus hat sich gemeldet. Meine eigentlich für Dienstag nächster Woche anstehende OP musste wegen unvorhergesehener Terminschwierigkeiten in den Oktober verlegt werden. Wo ich doch gerade schon damit begonnen hatte, mir Sorgen um den Eingriff zu machen und deshalb schlecht zu schlafen.
Momentan sind die Kinder der kleinen Schwester im Garten, jäten mein Unkraut und sammeln Fallobst ein. Das Wetter ist nämlich nicht mehr so sehr nach Strand, es ist in den letzten Tagen windiger geworden.
Auch wenn ich beim letzten Mal etwas grantig war, muss ich ja zugeben, dass die Kinder auch echt niedlich sein können. Bei den letzten Strandbesuchen ist ihre Tante mit dem Kajak vorbeigekommen, und der große Junge wollte auch mal paddeln. Er passt kaum in die Schwimmweste, deshalb ist es gut, dass man am Badestrand überall stehen kann, und wir Erwachsenen sind natürlich ständig an seiner Seite gewesen. Er schafft es, das Boot zu bewegen, aber bis er wirklich hinein passt, werden noch ein paar Jahre vergehen.
Natürlic muss seine kleine Schwester dann auch mal Kajak fahren, wenn er darf. In der Schwimmweste sieht sie aus wie eine Schildkröte, die mal eben den Schnabel aus dem Panzer steckt, und über die Kante vom Cockpit kann sie gerade eben so heraus gucken. Aber Spass hat sie dabei natürlich trotzdem gehabt.
Dass sie jetzt Heimweh hat, ist wohl eher dadurch bedingt, dass ihr Papa dieser Tage mehrfach auf WhatsApp angerufen hat. Der hat nämlich eine Fernschach-Partie mit seinem Sohn im Gang, die gerade in die Endspiel-Phase geht, wo keiner von beiden mehr die Geduld hat, einen Zug pro Tag per Textmeldung zu schicken.
Ansonsten spielen wir viel Overcooked!, was der Junge mit seinen acht Jahren schon erstaunlich gut auf die Reihe kriegt, und so lustig anzusehen ist, dass die kleine Schwester, selbst wenn sie nicht selber spielen kann, morgens schon darum bettelt, dass ich es für den Rest der Familie wieder anmache. Ich liebe dieses Spiel.
Am Freitag ist der Urlaub vorbei, und sie fliegen wieder heim bis zum nächsten Sommer.
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